Gremien

Die Kunst der Beteiligung
von Thomas Püttmann
November 2025

Überblick

Im Bistum Essen gibt es in jeder Pfarrei einen Kirchenvorstand, einen Pfarrgemeinderat und Teams in pastoralen Handlungsfeldern.

Der Name „Kirchenvorstand“ deutet es bereits an: Dieses Gremium vertritt die Pfarrei nach außen. Zusammen mit der Verwaltung ist es für die Immobilien, das sonstige Vermögen der Pfarrei und das nicht-seelsorgerische Personal zuständig. Im Kirchenvorstand werden Beschlüsse gefasst und Entscheidungen getroffen.

Der Pfarrgemeinderat unterstützt das Pastoralteam bei der Ausrichtung der pastoralen Arbeit und ermöglicht kirchliches Leben. Er soll an einer kontinuierlichen und transparenten Öffentlichkeitsarbeit mitwirken.

Die Teams in pastoralen Handlungsfeldern werden vom Pfarrgemeinderat beschlossen und unterstützt.

Am 9. November 2025 waren Kirchenvorstands- und Pfarrgemeinderatswahlen im Bistum Essen angesetzt.

Aus diesem Anlass stelle ich meine Gedanken zu den Gremien in der Pfarrei Liebfrauen und den „Wahlen“ dar.

Kirchenvorstand

Über die Arbeit des Kirchenvorstands erfährt man als normaler Katholik in Altenbochum so gut wie nichts.

Der Kirchenvorstand besitzt zwar eine eigene Internetseite. Dort stehen aber nur die Namen der Mitglieder und die Namen der Ausschüsse.

Es gibt keinen Haushaltsplan, keinen Jahresabschluss, keine Informationen zu Beschlüssen oder Entscheidungen, keine Informationen zu den Themenfeldern, die die Ausschussnamen andeuten - nichts.

E-Mail-Adressen der Mitglieder werden nicht angeboten - ebenso wenig wie eine E-Mail-Adresse, unter der man den gesamten Kirchenvorstand kontaktieren kann.

Fotos der Mitglieder, um sie als Ansprechpartner zu identifizieren, gibt es auch nicht. Die Mitglieder, die aus Altenbochum stammen, besuchen die regulären Wochenendgottesdienste in der Liebfrauenkirche ausgesprochen selten, so dass sich eine persönliche Kontaktmöglichkeit dort auch aus diesem Grunde so gut wie nie ergibt.

Der Kirchenvorstand hat zum Beispiel die Renovierung der Liebfrauenkirche mitgeplant und auch zum großen Teil aus dem Vermögen der Pfarrei finanziert. Gab oder gibt es darüber öffentlich zugängliche Informationen? – Ich habe nicht mitbekommen, dass der Kirchenvorstand irgendwelche Informationen an die Gemeinde vermittelt hat.

Jetzt wurden Informationen bekannt gegeben - aber nicht vom Kirchenvorstand oder der Verwaltung. Der Vorsitzende des Bau-mit-Vereins und des Pfarrgemeinderats veröffentlicht ausgesuchte Kosten der Renovierung in einem Brief an die Fensterpaten von 2011/2012 - davon ablenkend, dass sein Verein die von ihm getätigten Ausgaben nicht im Detail offen legen will. Welch eine groteske Informationspolitik!

Die aktuelle Arbeitsweise des Kirchenvorstands macht auf mich den Eindruck, als stamme sie aus der Zeit der Dorfkirchen, wo sich Pfarrer, Kirchenvorstands- und Gemeindemitglieder Jahrzehnte kennen und sich überall über den Weg laufen. Den Informationsansprüchen der steuerzahlenden Mitglieder einer heutigen Grosspfarrei, die sich über verschiedene Stadtteile erstreckt, wird sie in keiner Weise gerecht.

Am 8. und 9. November fanden die Kirchenvorstandswahlen statt. Eine Liste der Kandidaten mit Fotos und Berufsbezeichnung war die einzige Entscheidungshilfe. Es gab keine inhaltlichen Informationen, keine Kontaktmöglichkeiten.

Wie soll man sich da als Wähler entscheiden?

Das Bistum Essen sagt es uns: nach Sympathie! „Dich wähl ich am liebsten“ heißt es in einer Postkartenaktion, die zur Wahl motivieren soll.

Ob es nicht sinnvoller wäre, Transparenzpflichten für Kirchenvorstände zu erarbeiten und durchzusetzen statt Postkarten zu entwerfen?

Ich möchte betonen, dass ich großen Respekt vor einigen der Personen habe, die sich trotz der strukturellen Probleme zur Wahl gestellt haben.

Pfarrgemeinderat

Die Sitzungen des Pfarrgemeinderats sind öffentlich. Es gibt Protokolle. In unserer Pfarrei kann man sie auf der Internetseite des Pfarrgemeiderats finden.

Allerdings erscheinen die Protokolle nicht innerhalb einer bestimmten Frist nach der Sitzung. Das Protokoll der Sitzung im Mai erschien zum Beispiel erst, nachdem die Sitzung im Juni bereits stattgefunden hatte. Da die Ankündigung einer Sitzung zeitgleich mit dem Protokoll der vorigen erfolgt, hatte man ohne Insiderwissen keine Möglichkeit, an der Sitzung vom 24. Juni 2025 als Gast teilzunehmen.

In der gerade vergangenen Amtszeit besuchten die Mitglieder des Pfarrgemeinderats die regulären Wochenendmessen in der Liebfrauenkirche selten. Eine persönliche Kontaktaufnahme war insofern schwierig.

Auf der Internetseite findet sich allein die E-Mail-Adresse des Vorstands. Warum gibt es keine Adresse, unter der man alle Mitglieder erreichen kann? Der Pfarrgemeinderat ist schließlich kein Verein, der konsumierende Mitglieder und einen allein entscheidenden Vorstand besitzt.

Zur Wahl:

Grundsätzlich besteht der Pfarrgemeinderat aus Kandidaten „aus dem Volk“, dem Pfarrer als geborenen Mitglied und entsendeten Mitgliedern. Das Pastoralteam entsendet zusätzlich zum Pfarrer zwei weitere Mitglieder. Der Kirchenvorstand entsendet ein Mitglied. Alle diese Mitglieder sind stimmberechtigt. Ein nicht unerheblicher Teil des Pfarrgemeinderats wird also gar nicht „vom Volk“ bestimmt.

Die Kandidaten „aus dem Volk“ werden gewählt, ohne Wahl bestellt, wenn es weniger Kandidaten als freie Plätze gibt, oder nachberufen.

Der amtierende Pfarrgemeinderat legt fest, wie groß der zukünftige sein wird und ob es eine gemeinsame Kandidatenliste für alle Gemeinden geben wird oder gemeindebezogene Listen.

Die letzte Wahl im Jahre 2021 wurde noch mit gemeindebezogenen Kandidatenlisten durchgeführt. Die beiden Kandidaten aus Altenbochum/Laer wurden mangels Gegenkandidaten ohne Wahl zu Mitgliedern bestellt und in der konstituierenden Sitzung des PGR zum Vorsitzenden und zum Schriftführer gewählt. Gerade durch die Bestellung ohne Wahl hätten sich die beiden Vertreter im besonderen Maße verpflichtet fühlen können, eine Politik für alle zu machen. Das Gegenteil aber war der Fall.

In der Amtszeit 2021 bis 2025 wurden drei Kirchen anders und früher als im Pfarreientwicklungsprozess geplant außer Dienst gestellt. Die Liebfrauenkirche wurde gegen den Denkmalschutz und gegen den Willen weiter Teile der Gottesdienstbesucher umgestaltet. Viele Menschen in der Pfarrei sind wütend, frustriert und besuchen jetzt katholische Gottesdienste außerhalb der Pfarrei, evangelische Gottesdienste oder sind sogar aus der Kirche ausgetreten. Viele Menschen hätten den Vorsitzenden gerne abgewählt, aber dazu wurde ihnen keine Gelegenheit gegeben.

In der öffentlich nicht angekündigten Sitzung vom 24. Juni 2025 wurde laut Protokoll beschlossen, dass im nächsten Pfarrgemeinderat 11 Plätze per Wahl besetzt werden können und dass die Wahl mit einer gemeinsamen Liste durchgeführt wird. Durch den vorauszusehenden Kandidatenmangel zieht damit der amtierende Vorsitzende ohne Wahl in den nächsten Pfarrgemeinderat ein und mit ihm 3 weitere Kandidaten aus Altenbochum/Laer, 3 Kandidaten aus Gerthe, 1 Kandidat aus dem gesamten Bochumer Osten und 1 Kandidatin aus der spanischen Gemeinde.

Der neue Pfarrgemeinderat ist also schon vor den Nachberufungen hochgradig unparitätisch besetzt.

Gemeinde- oder regionsbezogene Kandidatenlisten hätten den Handlungsbedarf in Bezug auf das Paritätsproblem frühzeitig aufgezeigt, abgemildert und darüber hinaus zu einer echten Wahl hier in Altenbochum geführt, bei der sich die Politik des amtierenden Vorsitzenden eines Zustimmungstests hätte unterziehen müssen. Angesichts der über 280 Unterschriften für den Verbleib der Bänke in der Liebfrauenkirche wäre ein solcher Test sicher nicht jedem willkommen gewesen.

Teams

Über die Teams in pastoralen Handlungsfeldern findet man auf der Internetseite der Pfarrei nichts. Keine Übersicht über die Teams, keine Namen, keine Ansprechpartner, keine Protokolle - nichts.

Im Vergleich dazu lade ich jeden ein, sich die Internetseite des VorOrtTeams der Gemeinde St. Johannes in der Pfarrei St. Franziskus anzuschauen: Alle Mitglieder sind mit Namen und Fotos aufgelistet, man erhält Informationen über die Leitlinien und Arbeitsweisen, alle Sitzungen werden protokolliert, und die Protokolle sind auf der Internetseite abrufbar.

Wie heißt es dort:

Nicht verborgen, sondern: Sichtbar für jeden und offen für alle!

Anhand der Fotos konnte ich als Neuling die Mitglieder des VorOrtTeams beim Gottesdienstbesuch schnell identifizieren. Man sieht sie regelmäßig in den Sonntagsmessen - anders als die meisten Mitglieder des Teams West in der Pfarrei Liebfrauen.

Gemäß der Satzung für Pfarrgemeinderäte, § 4 ist der Pfarrgemeinderat dafür verantwortlich, wie die Teams und ihr Handeln sichtbar werden: offen und nahbar wie das VorOrtTeam in St. Johannes oder abgeschottet wie das Team West in Liebfrauen.

Kontakt

E-Mail: thomas.puettmann@kirchead.de